Mit dem Label Kipepeo Clothing starten wir eine neue Aktion bei uns im Laden - unser "Lieblingslabel des Monats". Bei unserer Ladenrenovierung haben wir einen extra Platz geschaffen, an dem wir regelmäßig eines unserer Lieblingslabels und seine aktuelle Kollektion vorstellen möchten. Wir geben Euch mit einem kleinen Vorstellungstext und Bildern Einblicke in die Produktion des Labels und stellen die/den Gründer/in vor. Dabei werden Label im Vordergrund stehen, die etwas ganz Besonderes machen, und bei denen sofort zu merken ist, wie viel Herzblut in ihnen steckt.
Kipepeo ist ein solches Label und hat es mehr als verdient, der Starter dieser Aktion zu sein. Martin Kluck hat das Label 2008 gegründet. Eigentlich entstand es aus einem Zufall heraus und aus dem Wunsch, eine Schule in Tansania, an der er als Aushilfslehrer tätig war, zu unterstützen. Aber das soll Euch Martin lieber selbst erzählen.
Wir kennen Martin schon ein Weilchen, woher, wissen wir eigentlich nicht mehr so genau. Vermutlich haben wir uns dadurch kennen gelernt, dass Martin sich irgendwann dafür interessierte, in der kleinen Näherei in Kenia zu produzieren, in der auch ein Teil der Kollektion unseres Eigenlabels Hirschkind produziert wird. Seitdem haben wir mit Martin schon zwei Veranstaltungen bei uns im Laden gemacht, bei denen er Euch über sein Label berichtet hat. In diesem Zusammenhang haben wir auch schon einige Biere zusammen getrunken ;-)
Im letzten Jahr startete Martin eine ganz besondere Aktion: zusammen mit einem Freund trampte (!) er von Stuttgart, wo er lebt, nach Kenia, um sein Kenia-Projekt zu starten und durch Crowdfunding zu finanzieren. Von dieser verrückten Aktion wird es einen Film geben, den Martin Euch hier bei uns hoffentlich noch in diesem Jahr zeigen wird. Wir sind gespannt!
Interview mit Martin Kluck
1. Stell dich doch bitte kurz vor: wie heißt du? Wie alt bist du, wo lebst du?
Ich bin Martin, bin (noch) 36 Jahre alt und komme aus Stuttgart.
2. Wie heißt dein Label, seit wann gibt es das Label und was ist das Konzept?
Ich habe vor 10 Jahren das Label Kipepeo-Clothing gegründet. Wir produzieren faire Erwachsenen-, Kinder- und Babybekleidung in Tansania und seit 2018 auch in Kenia.
Vom Anbau der Baumwolle (bio) im kleinbäuerlichen Regenfeldbau bis zum fertigen Kleidungsstück erfolgt die Herstellung aller unserer Produkte an der Ostküste Afrikas. Das besondere an unseren
Kleidungsstücken sind allerdings die Motive. Sie alle entstehen während des regulären Schulalltags an Kipepeo-Schulprojekten in Tansania und Kenia und werden von Kindern im Alter von 4 bis 16
Jahren gezeichnet. Durch den Verkauf unserer Produkte werden die Schulen unterstützt, an denen die jeweiligen Motive entstanden sind. Die Unterstützung erfolgt durch die Bezahlung von
Schulgebühren, Schulutensilien, sowie durch den Bau neuer Schulgebäude. Auf diese Art und Weise unterstützt Kipepeo-Clothing mittlerweile 3 Schulprojekte in Ostafrika.
3. Woher kommt der Name deines Labels?
Kipepeo bedeutet „Schmetterling“ auf Swahili,
der Landessprache Tansanias. Wenn man heute Presseberichte über Kipepeo-Clothing liest, dann wird unser Firmenname (logischerweise) oft mit dem Schmetterlingseffekt assoziiert. Bei der
Firmengründung, bzw. Namensgebung spielte dies allerdings keine Rolle. Kipepeo war das erste Wort, das mir eine Schülerin im Jahr 2008 in mein Tagebuch geschrieben hat, als ich in Tansania
Englisch unterrichtet habe. Der Schmetterling auf unserem Logo ist somit auch an der Stelle platziert, wo Tansania auf dem afrikanischen Kontinent zu finden ist.
4. Was ist das Besondere an deinem Label, aus deiner Sicht oder der deiner KundInnen?
Mit Kipepeo-Clothing haben wir ein ganzheitliches, soziales Geschäftsmodell erschaffen, dass auf den grundlegenden Prinzipien von Fairness, Nachhaltigkeit und
Transparenz basiert. Jeder, der ein Teil des „Kipepeo Cycle“ ist, profitiert von fairen Löhnen und Arbeitsbedingungen, und darüber hinaus unterstützen wir soziale Projekte in Ostafrika in einem
großen Umfang. Wir haben viele Jahre damit verbracht, unsere textile Wertschöpfungskette und Produkte zu optimieren, und kennen wirklich jede Person, die an der Herstellung unserer Produkte
beteiligt ist, egal ob es die Kleinbauern in Singida oder die Näherinnen in Arusha sind.
5. Wie kam es dazu, dass du ein Label
gegründet hast?
Im Jahr 2008 habe ich für mehrere Monate an einer kleinen Grundschule in
Tansania Englisch unterrichtet. Zum Abschied schenkte mir die damals 7-jährige Abigail einen kleinen Brief, der mit einer Zeichnung versehen war. Auf dieser Zeichnung war ein kleines Männlein und
daneben standen die Worte „Love You“. Ich druckte mir diese Zeichnung in Deutschland auf ein T-Shirt, um eine Erinnerung an die Zeit in Tansania zu haben, doch sie bewirkte weit mehr: als
Abigails Eltern ihre Schulgebühren nicht mehr bezahlen konnten, überlegte ich mir, wie ich als Student, der selbst kaum finanzielle Mittel hat, ihr zu helfen. Ich vervielfältigte das Shirt und
verkaufte es zuerst im Freundes- und Bekanntenkreis. In kurzer Zeit hatte ich Abigails Schulgebühren für ein ganzes Jahr zusammen und ich erkannte das Potenzial dieser Idee.
6. Was hast du vor deiner Labelgründung beruflich gemacht?
Oha :-) ich habe vor langer Zeit mal eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann gemacht. Dann Fachabitur und anschließend den Handelsfachwirt an Wochenendkursen, neben der
Arbeit. Dann bin ich für einige Monate nach Afrika und habe im Rahmen eines Volontariats Englisch unterrichtet. Zurück in Deutschland habe ich dann ein Studium zum Betriebswirt begonnen, und um
dieses zu finanzieren und das Grundkapital für Kipepeo zu verdienen, 3 Jahre als Fliesenleger auf der Baustelle gearbeitet. Dann war ich für 2,5 Jahre in einer Marketing/Sales-Agentur und seit
knapp 5 Jahren ist Kipepeo nun mein Hauptberuf.
7. Welches Kleidungsstück/Produkt in deinem Sortiment magst (bzw. trägst) du persönlich am
Liebsten?
Um ehrlich zu sein, sieht man sich an den eigenen Produkten, glaube ich, irgendwann satt. So geht es mir zumindest. Ich trage fast täglich unsere Blanko Shirts oder
irgendwelche Produktmuster, an denen wir arbeiten, und Kipepeo-Shirts eigentlich hauptsächlich bei Vorträgen und auf Messen und selten im Alltag. Mein Lieblingsprodukt aktuell sind allerdings
unsere „Crocodiles“ Bermuda Shorts. Die haben's mir echt angetan.
8. Wo werden deine Produkte produziert? War es schwierig, diese ProduzentInnen zu finden?
Wir produzieren in Tansania und seit 2 Jahren auch im Nachbarland Kenia. Wie das Leben so spielt, ergeben sich aus Zufällen oftmals großartige Dinge. So ging es uns
auch bei der Suche nach einem Produzenten. Wir haben zufällig im Jahr 2010 die Enkelin des Fabrikgründers in Tansania kennengelernt und sie war von dem Kipepeo-Konzept sofort begeistert und Türe
und Tore in Tansania standen uns offen. Seitdem sind wir jedes Jahr in Tansania in der Fabrik, und auch bei den Kleinbauern, wo wir unsere Baumwolle (bio) beziehen vor Ort. Der Kontakt zu unserem
Produzenten in Kenia kam bereits vor knapp 5 Jahren zu Stande. Allerdings haben wir erst vor 2 Jahren angefangen, auch dort zu produzieren, als wir unser neues Kooperationsprojekt in Nairobi zum
ersten mal besuchten. Mittlerweile sind unsere Produkte aus Kenia so beliebt, dass wir alle 4 Wochen Ware importieren.
9. Was sind für dich die größten Herausforderungen?
Ich denke, Kipepeo-Clothing ist ein ziemlich einzigartiges Unternehmen, so haben wir das große Glück, dass wir eine wirklich treue und tolle Käuferschaft haben, die
uns seit Jahren begleiten und die Geschichte von Kipepeo weitererzählen. Auch in Tansania und Kenia haben wir einen hohen Bekanntheitsgrad, so dass es bei uns alles in allem wirklich gut läuft.
Es gibt allerdings immer wieder politische Entscheidungen, die einem das Leben als Produzent in Ostafrika nicht gerade einfach machen. Darüber hinaus müssen wir sehr viel Zeit und Energie in
Workshops, aber auch in technisches Equipment investieren, um unsere Produkte so herzustellen, damit sie für den europäischen Markt funktionieren. Mindestabnahmemengen spielen natürlich auch eine
Rolle, genauso wie unsere Kapazitäten hier in Deutschland. Mit diesen Herausforderungen wird wahrscheinlich jedes Label konfrontiert, das selbst produziert.
10. Und gibt es was, das viel leichter ist, als du dachtest?
Meine Antwort beziehe ich jetzt nicht auf unser eigenes Label, sondern auf die Fair-Fashion Szene im allgemeinen. Ich bin immer wieder erstaunt, wie einfach es
heutzutage ist, Produkte auf den Markt zu bringen, sobald man mit „Fairness und Nachhaltigkeit“ wirbt, auch wenn das Produkt vielleicht nur bedingt diese Kriterien erfüllt. Es gibt inzwischen
eine Vielzahl an Fairen Labels oder BloggerInnen, die ihre eigene „Kollektion“ auf den Markt bringen, was am Ende dann eben nur ein bedrucktes Produkt von einem Großhändler ist. Diese „Labels“
verringern dann die Sichtbarkeit der Marken, die wirklich viel Zeit und Energie in Produktentwicklung und die textile Wertschöpfungskette stecken, und werden auf Blogs gefeiert, ohne dass
sie eigentlich irgendetwas für die Herstellung ihrer Produkte getan haben. Ich finde es erstaunlich, dass das in einer doch eigentlich sehr kritischen und sensiblen Szene so gut
funktioniert.
11. Welcher Teil deiner Arbeit macht dir den größten Spaß?
Ins Büro zu kommen und gemeinsam mit Gwen, Ronja, Marcel und Evelin an Ideen zu feilen und diese zum Leben zu erwecken. Unsere Schulprojekte in Tansania und Kenia zu
besuchen und zu sehen, was vor Ort durch den Verkauf von unseren Produkten bewegt werden konnte. Mit unseren Näherinnen in Tansania und Kenia bei einem Kaffee zu sitzen und über das Leben zu
philosophieren. Das ist schon wirklich sehr besonders und wertvoll.
12. Gibt es irgendeine Anekdote, die du uns erzählen magst, die bei dem Aufbau des Labels passiert ist und dir immer
mal wieder in den Sinn kommt, weil sie so eindrücklich oder vielleicht auch so lustig oder absurd war?
Hui, da gibt’s echt einige Geschichten, da wir die letzten Jahre auch immer recht verrückte Dinge gemacht haben, um Kipepeo-Clothing auf unkonventionelle Art und
Weise zu vermarkten. Ich denke, es gibt zwei recht prägende Erlebnisse. Das erste war sicherlich, als ein Barkeeper in Ischgl beim Apres-Ski vor nunmehr fast 10 Jahren €100 für mein Shirt geben
wollte, als ich ihm nach ein paar Glühwein die Geschichte des T-Shirtmotivs erzählt habe. Diese €100 waren quasi der Startschuss für Kipepeo und der Beginn von einer echt verrückten
Reise.
Die zweite Anekdote ist die Entstehung unserer „Kipepeo Goes Kenya“ Kampagne. Wir vertreiben unsere Produkte auch stationär in England, und dort saß
ich mit meinem guten Freund Sam bei einem Bier im Pub und wir haben die neuen Motive angeguckt, die an unserem neuen Kooperationsprojekt, einem Kinderheim für Kinder mit besonderen Bedürfnissen,
in Nairobi entstanden sind. Wir hatten einige Monate zuvor einen Tagesausflug mit den Kindern organisiert und daraufhin haben viele der Kinder Ihre Erlebnisse an dem Tag in Form von Zeichnungen
festgehalten. Witzigerweise zeichneten die Kinder ganz viele Matatus (Minibusse), Motorräder, Autos, usw. -quasi alles, was man so auf den Straßen in Nairobi zu sehen bekommt. Wir haben uns dann
überlegt, was wohl eine geeignete Aktion wäre, die zu uns passt, um auf unser neues Kenia-Projekt aufmerksam zu machen, und kamen auf die Idee, dass es doch total spannend wäre von Stuttgart nach
Nairobi per Anhalter zu Reisen, eben in den Verkehrsmitteln, die die Kinder gezeichnet hatten. Das haben wir dann letztes Jahr von August bis Oktober auch getan. Das war ein Spaß und den Film
gibt es dann auch im Winter bei Supermarché zur Vorpremiere zu sehen😊
13. Wie entspannst du am Liebsten von deiner Arbeit?
Mit meiner Freundin, Schallplatten und einem Bier bei uns im Wohnzimmer.
Vielen Dank für deine Antworten :-)
Hier könnt ihr Euch die Homepage und den Shop von Kipepeo-Clothing anschauen. Ausgewählte Teile der Kollektion findet ihr immer auch bei uns im Laden.
Das Interview führten wir schriftlich mit Martin Kluck im März 2019. Alle Fotos sind urheberrechtlich geschützt und im Eigentum von Kipepeo oder supermarché (Foto
1&2).